Wie können sich die Nutzer wehren?

Auf jeden Fall schrittweise und wohlüberlegt. Der Zustand besteht nun schon so lange, dass übertriebene Eile wohl kaum geboten ist. Falls du aber wirklich etwas ändern willst, solltest du möglichst bald reagieren.

Es macht keinen Sinn, statt der amerikanischen Apps und Web-Seiten nun nur noch russische oder chinesische oder was auch immer zu benutzen. In fast allen Ländern läuft es ähnlich. Trotzdem, kein Grund in Depressionen zu verfallen. Klar gibt es in unserem Rechtssystem Problemzonen, aber anders als in anderen Staaten haben wir hierzulande wenigstens eine starke Verfassung - auch wenn die Politik immer wieder erhebliche kriminelle Energie darauf verwendet, unsere Grundrechte zu verletzen. Immerhin, bis jetzt jedenfalls wurden die großen Lauschangriffe allesamt vom Verfassungsgericht einkassiert - Jungs, gute Arbeit! Was mich hoffen läßt, dass das auch weiterhin so bleibt.

Meine Empfehlungen

  1. Minimiere Aktionen und Anfragen, die über die Leitung gehen. Nutze vermehrt Programme, die offline bleiben. Im Browser nutze die Lesezeichen, anstatt immer wieder neu über die Suchmaschine zu suchen. Wikipedia kann man auch sehr gut offline nutzen. Informiere dich gründlich online über Produkte, aber misstraue dem Preis und jeder lückenhaften Beschreibung. Beide sollen dich fehlleiten. Kaufe öfter auch mal offline. Sehe es so: Statt Versandkosten zu bezahlen, gehe ich jetzt schön shoppen und mache mir einen angenehmen Tag. Ich weiß ja, was ich will.
  2. Benutze mehr Web-Seiten und Programme aus Europa und insbesondere Deutschland (siehe dazu den Punkt 1 auf meinen Sicherheitshinweisen). Achte darauf, dass du nicht auf ausländische Server geführt wirst. Übertreibe aber nicht! Es macht keinen Sinn, alles auf einmal umstellen zu wollen. Ersetze eine Web-Seite und probiere in Ruhe aus, ob du damit klarkommst. Dann nehme dir ein Programm vor und warte wieder ab, wie sich das anfühlt. Wenn etwas absolut nicht so funktioniert, wie du es brauchst, gehe einen Schritt zurück. Bedenke aber, dass es kein Nachteil ist, wenn sich die Bedienung unterscheidet oder hier oder da etwas anders gelöst ist. Fehlt eine Funktion, dann bietet eine andere Web-Seite oder ein anderes Programm oft die gesuchte Funktion. Die Akzeptanz von Veränderung gehört zum erwünschten Prozeß und jedesmal, wenn du einen Teilproblem löst, werden auch deine Kenntnisse und Fähigkeiten besser und du mehr und mehr zu einem mündigen Nutzer.
  3. Sollte eine wichtige Funktion fehlen, setze das ursprüngliche, unsichere Programm ein - allerdings wirklich nur für die fehlende, unbedingt notwendige Funktion. Sicher ist das umständlich, aber allein dem Hersteller einen Teil der Informationen vorzuenthalten, ist schon ein Fortschritt. Außerdem wird der andere Hersteller dadurch ermuntert, bald auch die fehlende Funktion nachzuliefern. Überprüfe deshalb immer wieder, ob es nicht doch inzwischen eine andere Lösung gibt. Gibt es heute keine, dann kann es sich morgen schon ganz anders darstellen. Oft kommt auch ein Freund mit einer entsprechenden Bemerkung um die Ecke.
  4. Wann immer möglich setze freie Software ein, aber lass dich dabei nicht veräppeln. Es muss möglich sein, das betreffende Produkt allein aus dem vorhandenen Quelltext komplett erzeugen zu können. Außerdem muss überprüfbar sein, ob das Endresultat wirklich mit dem herunterladbaren Programm überein stimmt. Zwar können so etwas nur Spezialisten bewerten, aber es gibt erstaunlich viele, die das tun. Schlägt einer von denen Alarm, dann bekommt man das früher oder später auf jeden Fall mit. Viel besser, als wenn man unangebracht Herstellern vertraut, die primär ihre wirtschaftlichen Ziele verfolgen. Sicherheitszertifikate ändern nichts daran. Ist auch nur der kleinste Teil der Lösung nicht offen einsehbar, so ist die Lösung insgesamt und grundsätzlich unsicher. Daran ändert auch z.B. das Versprechen von Ende-zu-Ende-Verschlüsselung nichts.
  5. Bevorzuge Software, die auch unter Linux läuft, selbst wenn du Linux nicht einsetzen willst. Der Rat gilt zunehmend auch für Spiele. Damit legst du dich nicht auf ein Betriebssystem fest und bist dessen Hersteller nicht ausgeliefert. Gibt es Probleme, dann werden sie aus der Linux-Ecke als erstes vermeldet. Nebenbei gewinnst du damit die Option, es dir jederzeit nochmal überlegen zu können und vielleicht doch irgendwann das Betriebssystem zu wecheln. Aus demselben Grunde verwende Geräte, für die es auch Linux-Treiber gibt. Das ist ein echtes Qualitätsmerkmal und so musst du dir keine neuen kaufen, nur weil du später vielleicht das Betriebssystem wechseln willst.
  6. Und wenn du nach und nach die wichtigsten Programme und Web-Seiten ersetzt hast und mit dem Zustand zufrieden bist, dann überlege, ob du nun vielleicht nicht auch das Betriebssystem deines Rechners durch ein Open-Source-System ersetzen willst. Mittlerweile hat Linux riesen Schritte vorwärts gemacht und dank Wine laufen viele Windows-Programme schon ganz ohne jede Änderung. Mein altes und dennoch geliebtes Windows-3D-Ballerspiel "Wing Commander Prophecy" ebenso wie das neue "Papyrus Autor", das laut Hersteller eigentlich nur Windows unterstützt. Das sind zwar beides keine Open-Source-Programme, aber hey, schon vergessen? Wir wollen ja nicht alles auf einmal über Bord schmeißen. Lass es doch ruhig ein paar Jahre dauern und bis dahin wird das Spieleangebot für Linux immer größer. Lass die Zeit für dich arbeiten, aber meide den Versuchungen der global agierenden Riesen. Sie haben garantiert nichts Gutes im Sinn und halten sich an gar nichts.
  7. Bleibt das Problem mit dem Smartphone. Für grundlegende Informationen und Empfehlungen möchte ich hier Mobilsicher.de empfehlen, welches durch das "Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz" gefördert wird.
  8. Bei Android-Handys kannst du das Betriebssystem durch ein wirklich offenes ersetzen und damit endlich auch den Zwängen des Herstellers zumindestens teilweise entfliehen. Das Problem bleiben aber die grundlegenden Treiber, die immer noch vom Hersteller des Handys stammen müssen, um es uneingeschränkt nutzen zu können. Das heißt aber nicht, dass Aktionen in diese Richtung nicht sinnvoll wären. Jedes Stückchen Freiheit, dass man zurück erobert, ist ein kostbares Gut. Je mehr das Schule macht, desto mehr beinflusst dies auch die Realität des Software-Business. Ein Rückschritt wäre nur, wenn man aufgibt und bei der Anschaffung des nächsten Handys eines wählen würde, für das auch weiterhin keine Open-Source-Lösung absehbar ist. Doch warum sollte man sowas tun? Du willst doch nicht vollkommen out sein, oder? ;-)

OK, dann mal Butter bei die Fische!

Ich weiß. Am Anfang türmt sich das Thema haushoch vor einem auf, aber keine Angst. Ich helfe mit konkreten Empfehlungen, die die ersten Schritte erleichtern. Der Rest kommt nach und nach von allein. Im Einzelfall kannst du gerne auch zu anderen Schlüssen gelangen. Wichtig ist nur, dass du selbst die Initiative übernimmst.

Auf dem Smartphone setze ich zur Zeit den Messenger Signal ein. Es ist freie Software und Ende-zu-Ende verschlüsselt. Leider aber werden die Verbindungen über Google-Server geführt, wo wahrscheinlich die Verbindungsdaten abgegriffen werden - trotzdem halte ich Signal für einen Fortschritt.

Heutzutage ist der Browser das meist genutzte Programm. Ich habe schon viele Browser ausprobiert und sehr gute Erfahrungen mit Firefox gemacht. Er ist ebenfalls freie Software, hinsichtlich Sicherheit ausgereift, von der Handhabung sehr gut und läuft sowohl unter Windows als auch unter Linux. Von anderen Browsern rate ich im Moment ab.

Die Wahl der Suchmaschine ist sehr wichtig, unterliegt aber wie alles andere auch dem eigenen Geschmack. Die Suchmaschine Fireball erscheint mir im Moment ein guter Kompromiss. Die Suche liefert sehr gut benutzbare Ergebnisse. Sie unterliegt deutschem Recht und hat deswegen die deutschen Datenschutzbestimmungen einzuhalten. Allerdings nutzt auch diese Seite im Hintergrund noch Tools von Google. Deswegen sollte man Fremdtools im Browser grundsätzlich sperren.

Welche Add-ons in Firefox zu empfehlen sind, ist eine heiße Frage, denn jedes Add-on kann die Sicherheit des Browsers schmälern, wenn es die besuchten Seiten nach Hause meldet. Zur Zeit setze ich vor allem "NoScript" für das selektive Sperren von JavaScript ein. Da "Ghostery" laut Wikipedia zwielichtig ist, bin ich zu "Disconnect" gewechselt. Es zeigt einem, welche Tracker einen so auf den Seiten verfolgen und kann sie auch deaktivieren. "Adblock Plus" reduziert die Werbung merklich, aber auch hier frage ich mich immer noch, inwieweit das eine gute Lösung ist. Da ist für mich sicher noch nicht das letzte Wort gesprochen - Tips sind willkommen. Um die Add-ons zu installieren, klickt man im Firefox-Menü rechts oben auf "Add-ons", dann auf "Add-ons suchen" und gibt den Add-on-Namen ein. Der Rest erklärt sich von selbst. Seiten, die mit dieser Konstellation nicht funktionieren, nutze ich nicht oder ich hebe für einige Seiten temporär die Beschränkungen von NoScript auf. Beim Online-Banking benutze ich einen gesonderten User-Account, bei dem Firefox ohne Add-ons läuft. Hier rufe ich nur die Homepage der Bank auf.

Um Wikipedia-Artikel offline zu betrachten, setze ich Kiwix ein. Nach dem Starten erscheint ein Fenster, in dem das ca. 20 GB große deutsche Wikipedia inkl. Bilder zum Herunterladen angeklickt werden kann. Man kann auch auf die Bilder verzichten und kommt so mit ca. 4GB aus. Nach dem Klick geht der Rest vollautomatisch - tolle Sache!

Als Kartendienst ist der deutsche Ableger www.openstreetmap.de von OpenStreetMap zu empfehlen. Für das Straßen-Routing bevorzuge ich zur Zeit den darin integrierten OpenRouteService der Uni Heidelberg, denn die anderen sind mit Trackern verseucht.

Zur Bearbeitung von Emails nutze ich Thunderbird. Das Programm hat dieselben Vorteile wie Firefox und reicht mir im Vergleich zu Outlook völlig.

Ein sehr guter Media-Player ist der VLC. In Sachen Video ist es die eierlegende Wollmilchsau, ist freie Software, sehr ausgereift und läuft ebenfalls unter Linux. Für Audio kann man Audacity empfehlen.

Das Office-Paket schlechthin ist LibreOffice. Auch das Öffnen, Bearbeiten und Speichern von Word- und PDF-Dateien wird unterstützt. Mein Eindruck ist, dass dies mittlerweile für Word-Dateien besser funktioniert, als unter den verschiedenen Word-Versionen untereinander.

Für die Bildbearbeitung verwende ich GIMP. Das Programm kann alles, was ich jemals brauchte. Angesichts der gewaltigen Funktionsvielfalt sollte man sich aber ein Buch zulegen, gerade weil man online eine schier unüberschaubare Anzahl von Informationen findet. Soll es schnell starten, dann sollte man sich eine SSD zulegen. Die ist aber sowieso für schnelles Arbeiten empfehlenswert.

Wer wie ich eine Homepage pflegen möchte, für den ist FileZilla interessant. Zur Partitionierung von Festplatten ist GParted eine gute Wahl.

Wer einen Linux-fähigen Drucker/Scanner/Fax sucht, ist z.B. mit Geräten von HP gut beraten. Der HPLIP-Treiber glänzt durch eine riesige Liste unterstützter HP-Geräte. Vielleicht ist dies ja auch ein Ansporn für andere Hersteller?

Ist der Umstieg auf Linux geplant, dann ist auch für Laien Ubuntu ein guter Weg. Man muss kein Experte sein, der Support ist ausgezeichnet und das System sehr stabil. Wer mit nicht übertriebener Angst das System erkundet, der findet nach und nach alles, was er braucht. Das integrierte sogenannte Software Center enthält gigantische Mengen von fertig vorbereiteten Programmen. Zu jedem gibt es eine kurze Beschreibung und mit einem Klick können die Programme installiert sowie deinstalliert werden. Wie unter Windows auch, können sich Spezialisten austoben. Bei mir läuft das System inzwischen besser, als Windows je lief. Auch die Installation von Ubuntu läuft besser, weil man keine gesonderten Treiber-DVD's benötigt. Viren sind in der Praxis unter Linux bisher kein Thema - damit weichen auch keine Virenscanner mehr die Systemsicherheit auf. Unter Windows jedenfalls fielen meine Kids trotz "guter" Virenscanner einige Male Erpressungstrojanern zum Opfer. Unter Linux passierte das bisher nicht ein einziges Mal, obwohl die immer noch alles anklicken, was irgendwie bunt ist ;-)

Klingt machbar! Und wie sähe eine politische Lösung aus?

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